Offener Brief: Verbändeinitiative in der fortgeschrittenen Pandemie

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Laschet,
sehr geehrte Frau Ministerin Gebauer,
sehr geehrter Herr Minister Laumann,

seit Beginn der Corona Pandemie sind wir, die unterzeichnenden Verbände, von der Kommunikationsstrategie wie auch von der Kurzsichtigkeit der erfolgten Beschlüsse, tief enttäuscht.

Ihre Grundannahme, dass dieses Schuljahr noch ein normales Schuljahr werden könnte, können wir nicht nachvollziehen. Wir benötigen mehr als ein Fahren auf Sicht. Die ständig sich ändernden Regelungen sind weder sinnvoll noch geeignet, den Schulen eine gute Unterrichtsorganisation zu ermöglichen. Wir erwarten Vorgaben, die es den einzelnen Schulen mit Vorlauf ermöglichen, nach den örtlichen und pandemischen Gegebenheiten das bestmögliche Unterrichtsangebot zu organisieren.

Unsere zahlreichen Verbesserungsvorschläge und Bitten prallen im Wesentlichen unberücksichtigt an Ihrer „Verwaltungsmauer“ ab, und nun sehen wir uns wieder mit einer Einladung zum 24. Januar konfrontiert, die leider keinen Raum dafür lässt, unsere evtl. geäußerten Wünsche und Vorschläge in die Entscheidungsrunde der KMK und der Ministerpräsidenten und der dann evtl. folgenden NRW-Ausgestaltung einfließen zu lassen. Insofern bitten wir Sie um eine Vorverlegung in die Vorwoche und nochmals um die Einbeziehung der Schulträger, des MAGS und eine schulpsychologische Einschätzung der Maßnahmen.

Wir bitten zudem um eine stringente Gesprächsführung, die klare Ziele benennt und eine sachliche Diskussion mit Pro- und Contra-Argumenten ermöglicht.

Insbesondere der von Ihnen vor den Weihnachtsferien vorgestellte Stufenplan bedarf dringend einer kritischen Analyse zur Verbesserung und Konkretisierung, um das laufende Schuljahr unter Pandemiebedingungen mit einer umfassenden Berücksichtigung der Risiken und besonderer Bedürfnisse organisieren zu können.

Entgegen unserer Erwartung aus dem Gespräch vom 6. Januar wurden viele gute Ideen für die Zeit im Januar und darüber hinaus nicht berücksichtigt oder nicht umgesetzt, die wir hiermit noch einmal auflisten:

  • Die offizielle Akzeptanz, dass das Schuljahr 20/21 nicht vergleichbar mit einem normalen Schuljahr ist
  • Bei allen zu treffenden Entscheidungen müssen die Empfehlungen des RKI handlungsleitend sein
  • Die Bereitstellung von Studyhalls an jeder Schule darf nicht nur unkonkret formuliert werden
  • Die Notbetreuung muss Förderangebote erhalten und damit pädagogisch begleitet werden; hier muss auch für eine verlässliche Verpflegung über die Mittagszeit Sorge getragen werden
  • Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf brauchen eine qualifizierte Betreuung sowie Förder- und Therapieangebote, bei unmöglichem Distanzunterricht auch durch Schulbegleiter zu Hause
  • Risikoschülern muss ein größeres Verständnis für Ihre Entscheidung zum Distanzunterricht entgegengebracht werden und sie entsprechend unterstützt werden
  • Den Schulen müssen alternative Unterrichtsformen (Wechselmodelle, Präsenzauswahl) bei Feststellung bestimmter Inzidenzwerte und unter Berücksichtigung der AHA-Regeln und der Gegebenheiten vor Ort ermöglicht werden
  • Schulträger, Schulaufsicht und die einzelnen Schulen sollten vor Ort eng zusammenarbeiten und im Einzelnen passende Lösungen finden
  • Es sollten feste Gruppen bis zur 10. Klasse gebildet werden
  • Eine wesentliche Aufgabe ist, alle Schüler*innen einzubeziehen und ein „Verloren-gehen“ einzelner zu verhindern, mit besonderem Fokus auf die mittleren (pubertierenden) Jahrgänge
  • Klassenarbeiten und Prüfungsbedingungen müssen angepasst werden
  • Den Abiturienten 2021 muss die Unsicherheit bzgl. einer nicht ausreichenden
    Unterrichtsvorbereitung genommen werden
  • Die ZP10-Prüfungen sollten schulintern wie im Jahr 2020 organisiert werden
  • Trennwände und Filtergeräte zum Infektionsschutz bei Präsenzunterricht müssen verstärkt eingesetzt werden
  • Umfassende Testungen nach einem landeseinheitlichen Standard bei Infektionsfällen in den Schulen sind für die Vertrauensbildung unabdingbar
  • Die Aufstockung der öffentlichen Verkehrsmittel bzw. eine praxistaugliche Verschiebung des Unterrichts an den verschiedenen Schulen muss sichergestellt werden
  • Konkrete Planungen und Umsetzung der Ferienförderung
  • Zusätzliche Hilfe für die Meldungen von Infektionsfällen und die Verbesserung der Hygiene müssen den Schulen zur Verfügung gestellt werden
  • Wir wünschen auch die Ausstattung nicht nur der Lehrer mit FFP2-Masken, sondern auch der vulnerablen Schülergruppen (die Masken sind teuer und müssen immer wieder ausgetauscht werden)

Für die Umsetzung all dieser Maßnahmen brauchen die Schulen mehr Personal, pädagogisches und nichtpädagogisches. Mehrarbeit muss ab der ersten Stunde bezahlt werden. Im Hinblick auf die in unseren Augen unzureichende Fürsorge der Verantwortlichen in der Pandemie dringen wir an dieser Stelle noch einmal vehement darauf, dass endlich ein Krisenstab im MSB eingerichtet wird, der sowohl aus Mitarbeitern der Schulträger als auch des MAGS etc. zusammengesetzt ist. Nur eine effiziente, ausschließlich mit dieser Aufgabe betraute, Arbeitsgruppe aller Akteure kann die Probleme in ihrer Gänze erfassen und landesweit steuern. Sie wäre in der Lage, mit einer durchdachten Organisation bei Feststellung örtlicher Missstände schnell für Abhilfe zu sorgen, so dass verlorenes Vertrauen wiedergewonnen werden kann.

Mit freundlichen Grüßen

  • Klaus Amoneit (Vorsitzender) Progressiven Eltern- und Erzieherverbands NW e.V.
  • Erol Celik (Vorsitzender) Elternnetzwerk NRW Integration miteinander e.V.
  • Maike Finnern (Vorsitzende) Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft NRW
  • Sophie Halley (Landesvorstand) Landesschüler*innenvertretung NRW
  • Behrend Heeren (Vorsitzender) Gemeinnützige Gesellschaft Gesamtschule– Verband für Schulen des gemeinsamen Lernens e.V. (GGG NRW e.V.)
  • Andrea Honecker (Vorsitzende) Katholische Elternschaft Deutschlands (KED) im Erzbistum Köln e.V.
  • Anke Staar (Vorsitzende) Landeselternkonferenz NRW (LEK NRW)
  • Tanja Speckenbach (Vorsitzende) Landeselternschaft der Förderschulen mit dem Schwerpunkt geistige Entwicklung e.V.
  • Jutta Löchner (Vorsitzende) Landeselternschaft der Gymnasien e.V.
  • Ralf Radke (Vorsitzender) Landeselternschaft der integrierten Schulen in NRW e.V (LEIS NRW e.V.)
  • Martin Schulte (Bildungspolitischer Sprecher) DGhK-Regionalvereine in NRW
  • Sebastian Sdrenka (Vorsitzender) Landeselternschaft Grundschulen NW e.V.
  • Eva Thoms (Vorsitzende) Mittendrin e.V.
  • Harald Willert (Vorsitzender) Schulleitungsvereinigung NRW

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