Frage 7
Kinder mit Förderbedarf
Wie wollen Sie sichern, dass Kinder mit Förderbedarf an einem für sie optimalen Förderort unterrichtet werden, durch Transparenz hinsichtlich der Fördermöglichkeiten der einzelnen Schulen, qualitativ hochwertige Teilhabeassistenz und/oder Änderung des AO-SF-Verfahrens?
CDU:
Wir haben die Förderschulen erhalten und wollen diese auch weiter ausbauen. Eltern müssen weiterhin die Wahl haben, ob der Schulbesuch an einer Regel- oder Förderschule für ihr Kind am besten geeignet ist. Die Infrastruktur der Förderschulen wollen wir weiter ausbauen und die Schulform stärken. Um den Eltern eine qualifizierte Entscheidung für den Bildungsweg ihres Kindes nach der Klasse 4 zu ermöglichen, soll neben der Grundschule auch die weiterführende Schule die Eltern beraten, wenn das Kind keine, oder eingeschränkte, Empfehlung für den Besuch dieser Schulform erhalten hat. Das Gespräch findet während des laufenden Anmeldeverfahrens statt. Damit erhalten Eltern Kenntnis über die Möglichkeiten dieser Schule zur individuellen Förderung des Kindes in den Bereichen, die zur fehlenden Empfehlung geführt haben. Dies haben wir im 16. Schulrechtsänderungsgesetz festgelegt.
SPD:
Jedes Kind soll sein volles Potenzial entfalten können. Denn Herkunft darf nicht länger über Zukunft entscheiden. Wir wollen alle Talente fördern und fordern. Deshalb werden wir kommunale Bildungslots:innen überall vor Ort einführen. Sie sollen dabei helfen, Schulabbrüche aktiv und frühzeitig zu verhindern.
Wir wollen die Förderbedingungen für alle Kinder verbessern und deshalb pädagogische Zentren in allen Schulen einrichten, in denen die Expertise zu Unterricht und inklusiver Schulentwicklung gebündelt wird. Hierdurch wird das Lehrpersonal unterstützt und die schulinterne Beratung verbessert. Darüber hinaus koordinieren pädagogische Zentren die multiprofessionelle Zusammenarbeit. Dabei ist uns wichtig, dass diese Zentren keine Parallelstruktur werden, sondern dass dadurch die vorhandenen Ressourcen der Sonderpädagogik zielgenau zum Einsatz kommen. In diesem Zusammenhang muss auch das AO-SF- evaluiert werden.
FDP:
Gelingende Inklusion ist zentral für eine gerechte, faire und offene Gesellschaft. Daher haben wir die so wichtige Neuausrichtung der schulischen Inklusion durch eine Bündelung vorhandener Mittel und Möglichkeiten und durch zusätzliche Ressourcen vorangetrieben. Nun bieten wir den Förderschulen die Chance zur Weiterentwicklung zu Kompetenzzentren für sonderpädagogische Unterstützung. Dabei wollen wir regionale Netzwerke unterstützen, zu denen neben den Förderschulen und Regelschulen auch die kommunalen Einrichtungen und Unterstützungsleistungen gehören. So wollen wir sicherstellen, dass Eltern die bestmögliche Förderung für ihr Kind mit sonderpädagogischem Förderbedarf auswählen können. Dabei sind für uns die Förderorte gleichwertig und der Elternwille entscheidend. Bei ihren Entscheidungen unterstützen wir die Eltern durch professionelle und unabhängige Beratungsangebote, die wir auch im Rahmen der Kompetenzzentren ausbauen wollen.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Eine verlässliche Personalausstattung ist zentral. Die „Zauberformel“ der Landesregierung
25-3-1,5 (25 Schüler*innen davon max. 3 mit Förderbedarf und 1,5 Stellen) wurde entzaubert und ist in der Realität nie angekommen. Die Lerngruppengrößen müssen verlässlich begrenzt werden.
– Inklusionsassistenzen sollen in den Schulen als Baustein eines verlässlichen Unterstützungssystems fest verankert werden. Systematische Qualifikation und ein entsprechendes Berufsbild verbessern auch die Arbeitsbedingungen und Qualität. Therapiemöglichkeiten müssen an Schulen des Gemeinsamen Lernens verankert werden, damit Familien nicht nach der Schule noch Praxen aufsuchen müssen.
– Wir wollen ein systematisches Fortbildungsmanagement für alle am Schulleben Beteiligten mit ausreichenden zeitlichen und personellen Ressourcen. Die bisherigen sporadischen und nicht aufeinander aufbauenden Fortbildungen haben nicht dazu geführt, dass Lehrkräfte u.a. sich ausreichend vorbereitet fühlen. Es muss ein Vernetzung der Schulen im Gemeinsamen Lernen und Förderschulen geben, unterstützt mit Ressourcen, um voneinander und miteinander zu lernen, um Schülerinnen und Schüler bestmöglich unterstützen zu können. Dazu gehören auch Beratungen, Coachings und Hospitationen
AfD:
Die Forderung der UN, Kindern mit besonderem Förderbedarf Teilhabe am Bildungssystem zu garantieren, wird in Deutschland seit langem erfüllt. Unser hochgradig spezialisiertes Förderschulsystem ist integraler Bestandteil des Schulsystems. Wir möchten Förderschulen stärken und wieder erneut einrichten. Das zieldifferente Unterrichten von Schülerinnen und Schülern hat sich nach Auskunft aller Beteiligten an diesem Prozess nicht bewährt und personelle Ressourcen sowohl quantitativ wie qualitativ maßlos überfordert. Wir stellen die unterschiedlichen Schulwege nicht unter Diskriminierungsverdacht, sondern würdigen sie gleichermaßen als wertschätzendes Angebot an unsere Schülerinnen und Schüler mit ihren Vielfältigen Begabungen und Motivationen.
DIE LINKE:
Das Nebeneinander von Inklusion in Regel- und Förderschulen hat die Ressourcenknappheit insbesondere an Regelschulen weiter verschärft. Individuelle Förderung aller Schüler:innen mit und ohne Förderbedarf ist unter gegebenen Rahmenbedingungen mit zu großen Klassen in häufig beengten Räumen, fehlendem Teamteaching und kaum Sonderpädagog:innen fast unmöglich. Darunter leiden alle Beteiligten: die Schüler:innen mit und ohne Behinderungen und die Lehrkräfte.
Das FDP-geführte Schulministerium hat die Inklusionspolitik neu justiert mit dem Ziel, Förderschulstrukturen zu stärken und Gymnasien aus der Inklusion zu verabschieden. Während viel von Qualitätskriterien die Rede war, hat sich an der Unterausstattung des Regelschulsystems nichts geändert: Das Land NRW stellt den weiterführenden Schulen viel zu wenige Lehrkräfte und Sonderpädagog:innen zur Verfügung, um dem Anspruch der Inklusion auch nur im Ansatz gerecht zu werden. Hinzu kommen mangelhafte Gebäude und fehlende Gelder für Hilfsmittel und Materialien. So höhlt man munter den Rechtsanspruch auf gemeinsame Beschulung aus und schadet dem Inklusionsleitbild.
Doch damit nicht genug: Auch die Inklusion an Grundschulen als einziger gemeinsamer Schulform für alle Kinder wird von der schwarz-gelben Landesregierung durch einen Erlass vom Frühjahr 2021 unterminiert und erschwert. Qualität wird zwar als Anspruch erhoben, steht aber nur auf dem Papier.
DIE LINKE will eine Kurskorrektur der schulischen Inklusionspolitik, die Regelschulen als Orte inklusiver Förderung bestmöglich ausstattet. Inklusive Klassen sollen in einem ersten Schritt auf zwanzig Schüler:innen bei vier Kindern im Förderbedarf gemäß AO-SF-Verfahren beschränkt und mit einer zweiten Lehrer:innenstelle ergänzt werden. Für diese Klassen muss es verbindliche Personal- und Qualitätsstandards geben, welche multiprofessionelle Teams, mehr Lehrer:innen- bzw. Sonderpädagog:innenstellen sowie Fort- und Weiterbildung umfassen.
Was tun?
– Garantie auf einen Platz im gemeinsamen Unterricht
– Verbindliche Qualitätskriterien für guten inklusiven Unterricht
– Eine Doppelbesetzung für Klassen im inklusiven Unterricht
– Mindestens 9.000 Lehrer:innenstellen zusätzlich für den Inklusionsprozess
– Aus- und Weiterbildungsprogramm für 1.000 Sonderpädagog:innen pro Jahr
– Lehrkräfte werden zur Hälfte ihrer Stunden freigestellt für die Weiterbildung
– Die schrittweise Abschaffung der Förderschulen gemäß den Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention und Umwandlung aller Regelschulen in Orte des Lernens und Förderns für alle Kinder.
– Förderzentren zur Unterstützung der Regelschulen bei der Entwicklung zur inklusiven Schule
Volt:
Als Volt NRW wollen wir, dass die Schule des 21. Jahrhunderts in NRW chancengerecht, inklusiv und zukunftsfähig wird. In Anlehnung an bestehende Konzepte wie das der Gesamt- und Primusschulen in NRW setzen wir uns für eine Auflösung des mehrgliedrigen Schulsystems ab der Sekundarstufe I ein. Die inklusive Bildung in der Schule des 21. Jahrhunderts bindet alle Menschen mit ein und gewährt ihnen eine gleichberechtigte Teilhabe. Unterschiede zwischen Lernenden und die Vielfalt in Lerngruppen müssen als Gewinn und Bereicherung verstanden werden. Dafür muss die Aus- und Fortbildung von allen Lehrer*innen notwendige Kernkompetenzen, Haltungen und Werte für die Arbeit in einem inklusiven Lernumfeld vermitteln. Inklusion und Umgang mit Heterogenität jeglicher Art (Mehrsprachigkeit, soziale und kulturelle Herkunft, Gendervielfalt, sonderpädagogischer Förderbedarf) wird verpflichtender Baustein in der Lehrkräfteausbildung. Der Übergang in ein inklusives Schulsystem darf nicht zu Benachteiligungen führen. Entsprechend soll das Förderschulwesen vorübergehend weiter bestehen bleiben. Der primäre Schulort soll aber für alle Schüler*innen die Regelschule sein. Ziel ist die Entwicklung hin zu Förderzentren, die als eigenständiger Schultyp zusammen mit der Regelschule einen Schulkomplex bilden. Die Möglichkeit eines Wechsels zwischen Regelschule und Förderschule kann so durchgängig gewährleistet werden. Schulgebäude müssen für eine inklusive Beschulung aufgerüstet werden. Ebenso sollten Schulhöfe spielerische und barrierefreie Begegnungsmöglichkeiten aufweisen. Für eine nachhaltige inklusive Bildung brauchen wir aber auch an allen Schulen eine ausreichende Anzahl von qualifizierten Sonderpädagog*innen.