Pressemitteilung – Neue Schulmail zum Auslaufen der Corona-Verordnungen wirft Fragen auf – Fehlende Gleichbehandlung –Missachtung des Bundesteilhabegesetzes und der UN-Behindertenrechtskonvention

Mit der heutigen Schulmail hat das Ministerium für Schule und Bildung den Wegfall der Corona-Sonderregelungen für den Schulbetrieb angekündigt. Für vulnerable Personen stellt das Virus allerdings weiterhin eine Gefahr dar. Neue Regelungen zum Schutz betroffener Kinder stehen noch aus. Im Handlungskonzept von Ende Dezember 2022 hatte das MSB bestimmt, dass vulnerable Gruppen sich mittels ärztlichen (vollumfänglichen) Gutachtens vom Präsenzunterricht befreien lassen können, ihnen aber das Recht auf Teilhabe entzogen.

Dementsprechend können Kinder zuhause bleiben, wenn sie selbst oder enge Angehörige gefährdet sind, erhalten aber keine Garantie einer Beschulung. Anders ist das bei allen Kindern, die länger als sechs Wochen erkranken. Für sie kann nach § 43 AO-SF die jeweilige Schulaufsichtsbehörde Hausunterricht einrichten. Dies gilt sogar, wenn ein Kind regelmäßig mindestens einen Tag pro Woche die Schule nicht besuchen kann. Auch bei längerem Aufenthalt in einer Klinik erfolgt eine weitere Beschulung. Diese Ungleichbehandlung ist nicht zu rechtfertigen. Bei Kindern, die durch eine chronische Erkrankung vorbelastet sind, gilt es, eine Behinderung abzuwenden. Damit steht die Regelung im Widerspruch zum Bundesteilhabegesetz (BTHG), welches die Teilhabe von Menschen sichert, die eine Behinderung haben oder von Behinderung bedroht sind.

Die Teilhabe wird im Handlungskonzept von der Gutwilligkeit der jeweiligen Schule und deren Ausstattung abhängig gemacht. Darüber hinaus verlangt die Pflicht zur Vorlage eines vollumfänglichen ärztlichen Gutachtens den Verzicht auf den Schutz medizinischer Daten. Notfalls wird das Recht auf Beschulung einfach ausgesetzt. Dies steht im Widerspruch zur UN-Behindertenkonvention, die allen Kindern, die eine Behinderung haben oder von Behinderung bedroht sind, das Recht auf Bildung und Teilhabe zusichert. Besonders absurd erscheint, dass den betroffenen Kindern – dankenswerterweise – weiterhin das Recht auf Assistenzhilfe (Schulbegleitung) im häuslichen Umfeld zusteht. Was nützt aber die Assistenz, wenn die Beschulung per Distanz- oder Hausunterricht nicht garantiert wird, die Familien also gar keine Informationen von der Schule erhalten über Unterrichtsinhalte der verpassten Stunden und anstehende Hausaufgaben?

Seit Beginn der Pandemie stehen die Rechte vulnerabler Kinder nicht im Fokus. Lösungen für eine gesicherte Teilhabe werden nicht präsentiert. Dies verwundert uns umso mehr, weil nun die Maßnahmen wegfallen, die zum Schutz vulnerabler Gruppen erlassen wurden. Wir setzen voraus, dass dem MSB NRW bewusst ist, dass viele der Kinder unter einer chronischen Vorerkrankung leiden und dass eine Gleichbehandlung mit Kindern, die länger als sechs Wochen erkrankt sind, angebracht wäre.

Wir hätten schon im vergangenen Jahr klare Vorgaben erwartet, die dem Recht auf Bildung Rechnung tragen. Dazu gehören das Bereitstellen notwendiger Schutzmaßnahmen, das Ermöglichen von Distanzunterricht durch entsprechende Ausstattung der Schulen und Nutzung der in den letzten zwei Jahren bereitgestellten IT-Infrastruktur der Lernplattformen, hilfsweise das Recht auf Hausunterricht.

Daher fordern wir die Landesregierung auf, umgehend das Recht auf Gleichbehandlung und Teilhabe für alle Kinder zu gewährleisten.

Heinrich Berkhoff – Vorstand Gemeinsam Leben- Gemeinsam Lernen NRW e.V.
Christian Beckmann – Vorstand Landeselternkonferenz NRW
Wolfgang Blaschke – Vorstand mittendrin e.V.
Tanja Speckenbach – Vorstand Landeselternschaft der Förderschulen mit Schwerpunkt geistige Entwicklung NRW e.V.
Elmar Schmitz – Vorstand Landeselternschaft der intergierten Schulen NRW e.V.

Dortmund, 25.01.2023

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