Seit Jahren fordert die LEK NRW die Einführung eines kostenlosen Bildungstickets im ÖPNV für alle Schülerinnen und Schüler in NRW, für mehr chancengerechte Bildung, aber auch mit dem Blick auf die schon lange drohenden Klimaveränderungen.
Die Vorgaben im Schulrecht für ein vergünstigtes Ticket sind aber an ungerechte Bedingungen geknüpft: Entfernung Fußweg zur nächsten Schule der Schulform. Diese Regelung bedeutet alles oder nichts. Die Entfernung, und damit auch das Problem, erweitert sich jeweils mit dem Wechsel zur nächsten Schulstufe. Unberücksichtigt von der finanziellen Situation der Familien oder der Anzahl der minderjährigen Familienangehörigen, hängt ihre Mobilität daher von der richtigen Entfernung ab. Jeder Meter zu wenig kann bedeuten, dass ein Straßenzug Familien davon trennt eine Vergünstigung zu erhalten oder eben nichts. Da die Tickets in NRW aber nicht nur den Schulweg abbilden, sondern Bezugsberechtigten eine NRW-weite Nutzung ermöglichen, sind die Abgehängten doppelt benachteiligt.
Die aktuelle dramatische Inflation und drohende Rezession, bringt Familien, die ihren Kindern bisher das Selbstzahler-Ticket noch irgendwie finanzieren konnten, in schwere Notlagen. Besser gestellte Familien können diesen Nachteil vielleicht noch überwinden. Alle anderen bleiben im wahrsten Sinne des Wortes auf der Strecke. So hatten viele Familien wenigstens auf eine Fortführung des 9 Euro Tickets, mindestens für ihre Kinder, gehofft und werden wieder einmal bitter enttäuscht.
Dass es auch anders gehen kann, zeigen nicht nur große Städte wie Rostock, sondern auch kleine Kommunen wie Gütersloh in NRW. Gütersloh startet ein Pilotprojekt für zwei Jahre, das allen Schüler*innen eine kostenfreie Mobilität mit dem Westfalenticket über die Kommune hinaus ermöglicht. Ein Modell, das sich die LEK NRW für alle Schülerinnen in NRW wünscht. Politisch aber immer wieder abgewiegelt wird, weil die Verkehrsbetriebe die Machbarkeit anzweifeln. Sie fürchten, dass die Kapazitäten nicht reichen würden und die Kosten zu hoch wären. Besonders absurd, weil die kommunalen- und Landes-Verkehrsbetriebe ohnehin nicht unerheblich von Land und Kommunen subventioniert werden.
Das 9 Euro Ticket hat verdeutlicht, dass es keineswegs zu einer Überlastung im Regelfall kommt. Es hat vielmehr unterstrichen, dass vielen Kindern dadurch auch die Teilhabe an Ferienaktivitäten und anderen Bildungsangeboten ermöglicht wurde. Natürlich erlaubt es den Familien auch eine größere außerschulische Nutzung, aber erlaubt auch den Schulen mehr Flexibilität für außerschulische Angebotsnutzung, wenn alle Kinder eine eigene Mobilität im ÖPNV hätten. Der größte Fehler bei der Absage einer Verlängerung des 9 Euro Tickets ist, dass wieder einmal nach dem Grundsatz entschieden wurde: Alles oder Nichts! Ohne alternative Modelle für attraktive Teillösungen, die auch den Klimaschutz im Blick hätten. Somit haben wieder einmal kinderreiche oder finanziell benachteiligte Familien das Nachsehen.
Würde man alle Schüler*innen, die in NRW zur Schule gehen, den ÖPNV kostenlos nutzen lassen, könnten Kommunen und Verkehrsbetriebe sogar Kosten zur Überprüfung der Berechtigung und Fahrscheinkontrolle einsparen. Vielleicht langfristig auch Emission und weniger Folgeschäden verringern. Vergeblich vermisst die LEK NRW die notwendigen politischen Diskussionen im Land und in den Kommunen. Die Forderung der jetzigen Schülergeneration nach mehr Gerechtigkeit und auch nach mehr Klimaschutz dürfen daher nicht länger ignoriert werden. Die heute verantwortliche Generation hinterlässt den Kindern schon zu viele Scherben. Da wäre es nur mehr als fair, die Kinder wenigstens dafür zu wappnen, die Breite der Bildungsvielfalt unabhängig der Liquidität ihrer Familien oder der Kommunen nutzen zu können, um die zukünftigen Herausforderungen bewältigen zu können.
Lieber Herr Ministerpräsident Wüst, das wäre eine der wichtigsten Investitionen für eine gute Zukunft, die wir in Ihrer Regierungserklärung kläglich vermisst haben. Das kostenfreie Bildungsticket für alle Kinder – mit einem Mehrwert für alle Familien und Schulen!
Es ist Zeit für mehr Gerechtigkeit!
Vorstand LEK NRW