Was bringt ein nichtssagendes Hygienekonzept der KMK, wenn Strategien ohnehin Ländersache bleiben und die Endverantwortung weiterhin bei den kommunalen Gesundheitsämtern bleibt?
Da ist begrüßenswert, dass die Schulministerin Frau Yvonne Gebauer verlangen will, dass bei auftretenden Infektionen in einer Schule alle am Schulleben Beteiligten verbindlich getestet werden sollen und sich im 14 – tägigen Intervall freiwillig und kostenfrei bis zu den Herbstferien testen lassen können. Bleibt die Frage, ob die Kommunen dieser Forderung nachkommen oder aus Angst vor zu hohen Infektionszahlen und drohenden Schließungen weiterhin größere Testungen verhindern? Eine transparente Einheitlichkeit, die nicht in Entscheidungs-Abhängigkeit der einzelnen Kommunen und lokalen Gesundheitsbehörden bleibt, würde den Familien und Schulen Sicherheit zurückgeben.
Doch dass die KMK bei allen Digitalisierungswünschen nun empfiehlt, dass alle am Schulleben Beteiligten die Corona-Warn-App aufladen sollen und damit einfordert, dass Schülerhandys in den Schulen stetig eingeschaltet bleiben sollen, muss ernsthaft angezweifelt werden. Denn anderseits ist das Kohorten Vorhaben schlicht unsinnig bei einem Vollbetrieb. Die Wirksamkeit einer Nachverfolgung darf bei gemeinsamen Pausen, Kurswechseln, Betreuungsgruppen, Hin- und Rückfahrten etc. sehr angezweifelt werden. Bedingte Sicherheit bei auftretenden Infektionen bietet
dann tatsächlich nur eine verbindliche Testung aller Beteiligten (Lehrkräfte, Schülerschaft, Betreuungs- und weitere Administrativkräfte etc.) in einer Schule. Das ist langfristig auch der einzige Weg für die Wissenschaft festzustellen, wie viele Personen sich auch ohne Symptome in einer Schul-
Kohorte angesteckt haben und welches Risiko dabei von und für alle Kinder und Jugendlichen ausgeht.
Ob und wieviel Vollbetrieb möglich sein wird, hängt auch davon ab, welche Risikogruppen wie berücksichtigt werden müssen. Im Kern sagt das Hygienekonzept der KMK dazu aus, ein Gesundheitsrisiko gibt es nur für Lehrkräfte und Schülerinnen, die ein entsprechendes ärztliches Gutachten vorlegen, aber eine generelle Zuordnung einer Risikogruppe für Ärzte ist laut RKI nicht möglich. Die individuelle Bewertung eines erhöhten Risikos liegt damit bei der jeweiligen „Befindlichkeit“ der Eltern oder Lehrkräfte, die sich dann scheinbar schon dafür entschuldigen müssen, wenn sie sich Sorgen um ihre Gesundheit machen. Da müssen Schülerinnen mit einem erhöhten Risiko schon dankbar sein, dass sie dann auch noch einen Anspruch auf Distanzunterricht behalten. Ein trauriges Bild im Zeitalter der Inklusion.
Nein, das Konzept der KMK schmälert die vielen Sorgen der Familien und Schulen nicht. Es klärt auch nicht, wie Risiko-Schülerinnen langfristig am Präsenzunterricht teilnehmen könnten oder im Distanzlernen sozial eingebunden bleiben könnten. Es klärt auch nicht welche Aufgaben Lehrerinnen mit erhöhtem Risiko übernehmen sollten oder welche Assistenzkräfte Schulen bekommen könnten. Es klärt nicht einmal die Fragen zum Abstand in Pausenzeiten, Sport- oder Musikunterricht etc… Dafür aber, dass in den Wintermonaten die Heizkosten der Schulen erheblich steigen dürfen, bei mehrmaligem Stoßlüften mit Durchzug in einer Unterrichtsstunde. Aber Viren mögen es bekanntlich gerne kalt.
Statt Planungssicherheit mit einem guten einheitlichen Hygiene-Konzept zu schaffen, das eine tägliche Beschulung und Betreuung auch bei steigenden und aufkommenden Infektionen in kleinen Gruppen mit Abstand in Schichtbetrieb langfristig sichern würde und Risikogruppen mitdenkt, können zwar andere europäische Nachbarn, aber die KMK verpasst die Chance.
Es gilt deshalb leider nach wie vor- alles wird dem Infektionsgeschehen „kurzfristig“ statt planbar angepasst! Noch fehlt es an Motivation für Konzepte mit veränderten neuen Bildungs- und Betreuungsangeboten, die nicht vom Infektionsgeschehen gesteuert werden. Stattdessen setzt die KMK scheinbar auf kostenneutrale alte Strukturen und nimmt wachsende Chancenungleichheiten in Kauf. 3 Wochen noch und wieder lastet alles auf den Schultern der Kommunen, Schulen und Familien
und hängt nun abermals an der Bereitschaft des Ministeriums, dass Beste aus diesen „zarten“ Hygienevorgaben zu machen. Schule -Bildung und Betreuung- sind nicht im Krisenplan der Bundesregierung – Verantwortungen werden durchgereicht bis ins Elternhaus.
Vielen Dank für? !
LEK NRW Vorstand
Dortmund , 20. Juli 2020