Gesundheitliche Verantwortung für Schülerinnen und Schüler sowie präventiver Gesundheitsschutz der Schülerinnen und Schüler in NRW

Unser Schreiben an Herrn Gesundheitsminister Laumann.

Sehr geehrter Herr Minister Laumann,

seit Wochen setzen wir uns für Öffnungskonzepte der Schulen ein, die die RKI-Empfehlungenberücksichtigen und den Gesundheitsschutz aller am Schulleben Beteiligten im Blick haben. Schulenhaben in der Pandemie einen besonderen Stellenwert, weil sie nicht nur die Bildung der SchülerInnen, sondern auch Betreuung, Förderung, sowie Therapien und soziale Teilhabe sichern müssen. Der Bedarf ist vielfältig. Zudem kann Distanzunterricht durch unterschiedliche Bedingungen
in den Schulen und Familien in den meisten Fällen den Präsenzunterricht nicht ersetzen. Deshalb braucht es gute Konzepte, dass wieder mehr Präsenzangebote ermöglicht werden können, die aber den Gesundheitsschutz nicht vernachlässigen. Mit der Zunahme weiterer Virusmutationen, die auch Kinder und Jugendliche vermehrt erkranken lassen kann, wächst die Sorge vieler Eltern und Lehrkräfte, ohne dass der Bedarf an Betreuung, pädagogischer Unterstützung und Förderung deshalb
geringer würde.

In der neuen Corona-Schutzverordnung des Landes NRW vom 16. Februar 2021 bestimmt § 3, dass bei der Nutzung von Beförderungsleistungen des Personenverkehrs und seiner Einrichtungen die Verpflichtung zum Tragen einer medizinischen Maske besteht unabhängig von der Einhaltung eines Mindestabstands. Nur Kinder unter 14 Jahren dürfen ersatzweise eine Alltagsmaske tragen, soweit sie aufgrund der Passform keine medizinische Maske tragen können. Damit sind alle Schüler*innen zumindest ab 14 Jahren auf ihrem Schulweg im ÖPNV auf medizinische Masken angewiesen. Darüber hinaus schreibt § 3 CoronaSchVO vor, dass bei Bildungsveranstaltungen nach § 6 und § 7 CoronaSchVO, die in Gebäuden und geschlossenen Räumen stattfinden, sowie in Schulgebäuden und in Schulen mindestens Alltagsmasken getragen werden müssen.

Entgegen der Empfehlung des RKI sieht das Schulministerium ab dem 22. Februar eine Präsenzpflicht für die SEK II in voller Klassenstärke und eine Präsenzpflicht der Grundschulen ohne Angaben zur Abstandsregelung vor. Dabei hält das Schulministerium auch ab der SEK I an einer reinen „Alltags-Maskenpflicht“ für alle Jahrgangsstufen fest, berücksichtigt dabei aber nicht den Schulweg per ÖPNV,
wo jetzt schon medizinische Masken von Schüler*innen über 14 Jahre getragen werden müssen.

Eltern (und Lehrkräften) sind inzwischen hinlänglich die wissenschaftlichen Nachweise bekannt, dass Alltagsmasken vor einer Aerosolübertragung nicht hinreichend schützen. Lehrkräften und sonstigem schulischen Personal werden deshalb gerade kostenlose FFP2-Masken gestellt. Viele Eltern sorgen sich um die Gesundheit ihrer Kinder sowie der gesamten Familie, da sich die neuen Mutationen
gerade bei Kindern stärker zu verbreiten scheinen und die Gefahr der symptomlosen Übertragung bei Kindern generell erhöht ist. Es stellt sich die Frage, ob Kinder bezüglich Masken und Testmöglichkeiten nicht genauso gleichwertig geschützt werden müssten und das Recht haben dies ebenso kostenlos gestellt zu bekommen?

Mehrfach haben wir versucht, mit dem Schulministerium auch die Bereitstellung der verpflichtend zu tragenden Masken von Schülermasken zu vereinbaren. Das Schulministerium fühlt sich aber nicht verantwortlich für die Gesundheit der Schüler*innen und verweist auf die Kommunen. Diese lehnen ihrerseits eine Verantwortung ab und verweisen auf Schulpflicht und Eigenverantwortung.

Bei Schadensfällen in der Schule werden Schülerinnen ähnlich wie Mitarbeiterinnen behandelt (was sie aus unserer Sicht auch sind, nur unbezahlt und zwangsverpflichtet) und von der NRW Unfallkasse abgesichert. Laut der neuen Corona Arbeitsschutzverordnung (Zusätzliche Maßnahmen, um den Gesundheitsschutz der Beschäftigten zu gewährleisten) des BMAS vom 25. Januar 2021, muss der Arbeitgeber die Kosten für Masken der Mitarbeiter*innen verbindlich übernehmen!

Dabei unterscheidet die BMAS nicht, ob es sich um medizinische Masken oder Alltagsmasken handelt. Daher sind wir auch weiterhin der Auffassung, dass das Schulministerium nicht nur eine Verpflichtung hat gegenüber den Lehrkräften und sonstigem schulischen Personal, sondern auch gegenüber den ebenfalls zur Mitarbeit verpflichteten SchülerInnen, insbesondere auch, damit finanzschwächere Familien nicht zusätzlich benachteiligt werden.

Da Minderjährige auch in naher Zukunft noch nicht geimpft werden können und damit sogar eine größere Gefährdung tragen, vermissen die Eltern eine Gleichbehandlung ihrer Kinder. Weil gemäß der neuen Schulmail aber noch nicht einmal der Mindestabstand eingehalten werden muss, ist es für viele Eltern nicht mehr nachvollziehbar, warum sie selbst im Homeoffice bleiben müssen und keine Verabredungen treffen können, aber ihre Kinder ohne wirksamen Schutz in voller Klassenstärke unterrichtet werden dürfen.

Obwohl viele Eltern auf das schulische Gesamtangebot angewiesen sind und Schüler
vielfältigen Gründen dringlich Präsenzangebote benötigen, gelingt es dem Schulministerium nicht, Konzepte zu entwickeln, die beides berücksichtigen und zusätzlich Kindern denselben Schutz zuzugestehen wie Lehrkräften. Dies belastet aber nicht nur finanziell benachteiligte Familien oder kinderreiche Familien. Besonders gravierend sind die Folgen für vulnerable Schülergruppen, oftmals
Kinder mit einer Behinderung oder einer chronischen Erkrankung, denen ohne medizinische Masken eine Teilhabe am Unterricht vielfach nicht möglich wäre. Das Teilhaberecht dieser Schülergruppe ist durch die UN- Behindertenrechtskonvention garantiert. Masken stehen aber nicht im Hilfsmittelkatalog, weshalb die Krankenkassen die Kostenübernahme vielfach verweigern. Deshalb sehen wir hier gerade dort das Land NRW in der Pflicht.

Eine weitere Maßnahme, die Kinder wie Lehrkräfte gleichermaßen schützen würde, wäre die Bereitstellung von Luftfiltergeräten, deren Nutzen längst wissenschaftlich bestätigt wurde. Erst vergangene Woche hat der Landtag die Tauglichkeit unterstrichen und die für die Parlamentarier angeschafften Geräte im Landtag vorgestellt. Genau dies wird aber von vielen Kommunen immer noch nicht hinreichend umgesetzt oder auch in Abrede gestellt, obwohl das für Schulen mehr
Handlungsspielraum eröffnen würde. Noch weniger haben Eltern Verständnis, wenn selbst gespendete Filtergeräte nicht genutzt werden können, wie in Köln und Bonn. Seit April 2020 haben wir uns immer wieder darum bemüht, entsprechend zu sensibilisieren, haben Vorschläge unterbreitet und um eine Gleichbehandlung gebeten bezüglich Masken als auch Testungen und Filteranlagen. Über die jetzige Öffnung in vollen Klassen ohne Einhaltung der RKI-Abstandsreglungen und ohne Gleichstellung der Schutzhilfen sind die Eltern sehr besorgt und verlangen die Einhaltung derselben Hygiene-Regelungen, wie sie für alle anderen Personen im öffentlichen Raum gelten, sowie die Bereitstellung gleichwertiger Schutzhilfen und Testangebote, wie für Lehrkräfte.

Die Zuständigkeitsverflechtungen verhindern nun seit Monaten Hilfen. Da es uns nicht gelingt, festzustellen, wer für den Gesundheitsschutz der Schulkinder die Verantwortung trägt, haben wir uns in einem offenen Brief an die NRW Unfallkasse gewandt (sh. Anlage) und parallel auch nochmals Gesundheitsminister Spahn angeschrieben, damit die Länder/Kommunen entsprechende finanzielle Hilfen erhalten, um dann vielleicht endlich ihrer Verpflichtung nachkommen zu können. Aber Eltern interessiert letztlich nicht, wer dafür zuständig ist oder wer das bezahlen muss, sie wollen ihre Kinder geschützt wissen und wollen endlich wieder planbare und verlässliche schulische Angebote.

Auch Ihnen, Herr Minister, schreiben wir heute zum dritten Mal und bitten nun nochmals um Ihre Unterstützung. Wir hoffen, dass die Familien mit Ihrer Hilfe rechnen können, damit die Sicherheit in Schulen wächst und wieder mehr Raum für Unterrichts- und Förderangebote entsteht. Da der Schulbetrieb bereits am 22. Februar 2021 starten soll, wäre eine zeitnahe Rückmeldung hilfreich. Doch ersparen Sie uns bitte Antworten, dass wegen der Schulpflicht das Schulministerium zuständig
ist, oder wegen der Schutzverordnung die Kommunen oder dass die Zuständigkeit bei anderen Ministerien liege. Wir brauchen jetzt schnelle Zusagen und schnelle Unterstützung, damit Eltern Sicherheit erhalten.


Für ein Gespräch stehen wir gerne zur Verfügung und hoffen, nein rechnen fest mit Ihrer Hilfe!


Mit freundlichen Grüßen
LEK NRW Vorstand

Hier kann das gesamt Schreiben heruntergeladen werden.

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