offener Brief: Teststrategie an Grundschulen

Offener Brief: Teststrategie an Grundschulen

Sehr geehrte Frau Ministerin Gebauer,
sehr geehrter Herr Minister Laumann,

der Unmut der Eltern wegen der geänderten Teststrategie an den Grundschulen ist groß. Folgende Punkte, über die wir uns schon am Freitag mit dem Ministerium für Schule und Weiterbildung ausgetauscht haben, seien noch einmal festgehalten:

• Es ist nachvollziehbar, dass angesichts der unzureichenden PCR-Laborkapazitäten eine Auswertung von Einzel-Lolli-Tests in Klassenstärke zurzeit nicht möglich ist. Solange nur eine kleine Anzahl der Pools positiv ist, erhöht die Beibehaltung der Pooltestung zumindest in den nicht betroffenen Klassen das Sicherheitsgefühl. Allerdings haben einige Regionen dieses Stadium schon längst hinter sich gelassen.

• Für berufstätige Eltern stellt die ständige Gefahr, schon kurz nach Schulbeginn ihr Kind wieder abholen und betreuen zu müssen eine große Belastung dar. Je nach Wohnort und Empfindlichkeit des Kindes fällt es auch nicht allen Familien leicht, ein positives Schnelltest-Ergebnis durch einen Bürgertest überprüfen zu lassen. • Kinder, die von einem positiven Pooltest informiert wurden und am nächsten Tag zur Schule gehen müssen, ohne zu wissen, ob sie selbst oder ein Sitznachbar das infizierte Kind sind, sind sehr verunsichert. Die Situation wird nicht verbessert dadurch, dass die Testung wegen der Kälteempfindlichkeit des Materials nicht auf dem Schulhof ausgeführt werden kann. Nicht alle Grundschulen verfügen im Erdgeschoss über ein Fenster zum Schulhof, das sich weit genug öffnen lässt, um die Testung ohne ein Betreten des Schulgebäudes zu erlauben.

• Die Verunsicherung der Familien wächst, wenn beim Nachtesten mit Antigen-Schnelltests niemand ein positives Testresultat erzielt. Dieses Problem tritt wegen der unterschiedlichen Empfindlichkeit von PCR- und Antigentests unter dem neuen Testregime wesentlich häufiger auf als vorher.

• Noch größer ist die Verunsicherung, wenn das durch den positiven Schnelltest als infiziert identifizierte Kind durch einen negativen Bürgertest entlastet wird, am nächsten Tag beim erneuten Nachtesten mit Schnelltest in der Schule aber wieder ein positives Resultat bekommt. Derartige Vorkommnisse, bei denen vermutlich infizierte Kinder an drei aufeinanderfolgenden Tagen ihre Schule besuchten und das Virus dabei leicht weiterverbreiten konnten, wurden beispielsweise in Münster beobachtet. Ob der Missstand durch unterschiedliche Empfindlichkeiten der verwendeten Tests, aktuell niedrige Temperaturen oder mangelnde Sorgfalt bei der Anwendung erklärbar ist, sei dahingestellt.

• Die jetzige Teststrategie, bei der Tests unterschiedlicher Art und Anbieter verwendet und vergleichsweise unsichere Testarten zur Interpretation von sicheren Testarten eingesetzt werden, erschwert es, infizierte Kinder zu identifizieren. Dies verunsichert Schulkinder, Eltern und Lehrkräfte. Besonders Familien, die schon von schweren Corona-Verläufen betroffen waren, verlangen deshalb verstärkt nach einer Aufhebung der Präsenzpflicht. Vor allem aber ist die Sicherheit des Schulbesuchs für vorerkrankte Kinder und Kinder mit vorerkrankten Angehörigen reduziert.• Einzelne Schulen und Kommunen verlangen inzwischen nach einem positiven Pool-Resultat zwingend einen negativen Bürgertest, um die Schule überhaupt wieder betreten zu können. An weiterführenden Schulen ist dies, zumindest sofern es gelingt, ein Testangebot in Schulnähe zu organisieren, durchaus leistbar. Familien mit Grundschul- oder Förderschulkindern (auch der SEK I) ist es jedoch häufig nicht zumutbar, noch am Abend oder am Morgen vor Schulbeginn einen Bürgertest zu veranlassen. Es darf daher keinen Zwang zum Bürgertest geben. Gebraucht werden sichere, kindgerechte Kontrolltests in der Schule.

• Die derzeitige Misere wäre durch eine rechtzeitige Einstufung der Schulen als Kritische Infrastruktur und entsprechenden Ausbau der Testkapazitäten vermeidbar gewesen.• Auch wenn sich ad hoc nicht alle Probleme werden lösen lassen, ist Abhilfe dringend nötig und zumindest in Teilen möglich. So wäre es denkbar, die Bestätigung eines positiven Schnelltests nicht extern durch einen Bürgertest, sondern in der Schule durch einen PCR-Lolli-Test vorzunehmen. Da nicht die ganze Klasse mit PCR nachgetestet würde, wären die Labore dennoch entlastet. Gleichzeitig würde die Sicherheit wieder erhöht.

• Sollten die Laborkapazitäten aber nicht deutlich erhöht werden können, wäre ein Ausweichen z.B. auf den PCR-Gurgel-Schnelltest, der direkt in den Schulen ausgewertet werden kann, dringlich als Alternative zu überlegen.

• Allen vulnerablen Kindern und Kindern mit vulnerablen Familienangehörigen muss eine Präsenzbefreiung ermöglicht werden. Hierbei sind auch Personen zu berücksichtigen, die noch immer an den gesundheitlichen Folgen einer Corona-Infektion tragen.

• Allen Kindern in Isolation, Quarantäne oder in der Präsenz-Befreiung muss ein verbindliches Online- bzw. Hybrid-Angebot gemacht werden. Keinesfalls darf es wieder zu reinem Distanzunterricht ohne die Möglichkeit zu Betreuung und pädagogischer Unterstützung in der Schule kommen.

Wir wiederholen unsere dringende Bitte, die Bedürfnisse der Kinder und Schulen voranzustellen.
Der Ruf nach einer generellen Präsenzbefreiung wird immer lauter. Da wir aber wissen, dass viele Kinder und Eltern auf Schule angewiesen sind, können wir nur unsere Forderung wiederholen, alle Bausteine zu nutzen, um den Schulraum noch sicherer zu machen!

Wir verbleiben in der Hoffnung auf eine schnelle Nachbesserung der Teststrategie, damit nicht noch mehr Vertrauen in Schule verloren geht.

Mit freundlichen Grüßen
Anke Staar
Christian Beckmann
Markus Sawicki
Karla Foerste

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